Bürgerrechtler rufen zur Teilnahme an einer “Sammel-Verfassungsbeschwerde” gegen die von der Bundesregierung geplante Protokollierung der Nutzung von Telefon, Handy, Email und Internet auf. Der Aufruf zur Erhebung einer Massenverfassungsbeschwerde ist in der deutschen Geschichte einmalig.
An der vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung vorbereiteten Verfassungsbeschwerde kann sich jedermann beteiligen. Auf der Internetseite des Arbeitskreises (http://www.vorratsdatenspeicherung.de) befindet sich ein Meldeformular. Die Vertretung der Beschwerdeführer vor dem Bundesverfassungsgericht wird der Berliner Rechtsanwalt Meinhard Starostik übernehmen, der Mitglied in dem Verein “RAV – Anwälte für Menschenrechte” ist.
Das Bundesjustizministerium hat vor zwei Wochen einen Gesetzentwurf zur Einführung einer Vorratsdatenspeicherung in Deutschland vorgestellt. Danach soll ab Mitte 2007 zur verbesserten Strafverfolgung über einen Zeitraum von sechs Monaten nachvollziehbar werden, wer mit wem per Telefon, Handy oder Email in Verbindung gestanden hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. Anonyme Emailkonten und Anonymisierungsdienste sollen verboten werden.
Mit Hilfe der gespeicherten Daten können Bewegungsprofile erstellt, geschäftliche Kontakte rekonstruiert und Freundschaftsbeziehungen identifiziert werden. Auch Rückschlüsse auf den Inhalt der Kommunikation, auf persönliche Interessen und die Lebenssituation der Kommunizierenden sind möglich. Die Furcht vor einem Bekanntwerden ihrer Kontakte könnte Informanten, Ratsuchende und Hilfsbedürftige in Zukunft davon abhalten, sich an Journalisten, Anwälte oder Beratungsstellen zu wenden. Der Informantenschutz, das Anwalts- und das Arztgeheimnis würden unterlaufen.
Gegenwärtig dürfen Telekommunikationsanbieter nur die zur Abrechnung erforderlichen Verbindungsdaten speichern. Dazu gehören Standortdaten und E-Mail-Daten nicht. Auch sonstige Verbindungsdaten werden auf Wunsch monatlich gelöscht. Durch die Benutzung von Pauschaltarifen (“Flat- Rates”) kann eine Speicherung zudem bisher gänzlich vermieden werden.
–> http://www.vorratsdatenspeicherung.de
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